Heimatgefühle beim Urlaub in Jelgava (Mitau)…eines der längsten und besten Wochenenden in Lettland

Am letzten Donnerstag, als ich mal wieder bei meinen Freunden aus Portugal, Serbien und Lettland in Vīdes Māja saß, kam Ilva (lettische Freundin, die aus Jelgava in Zemgale kommt, aber hier in Liepāja wohnt) die Idee, ich könne mit ihr am Freitag nach Jelgava fahren.

Sie wollte dort ihre Familie besuchen, ihre Mutter um Hilfe beim Nähen eines Kleides fragen (Ilva und ihre Mutter sind Schneiderinnen) und eine Freundin treffen, die sich von Ilva ein Kleid schneidern lassen wollte.

Unser Plan war also am Freitagmorgen früh los zu gehen und von der Brīvibas iela in Liepāja per Anhalter zu fahren. Doch erstmal musste der Donnerstagabend überstanden werden. Für den Abend war eine kleine Party auf einer Yacht geplant. So weit so gut. Nach dem Ilva und ich uns unsere Mainstreammusik von Pitbull, David Guetta usw. so laut wie möglich ‘reinzogen und dabei alle im Haus nervten, da die meisten Vīdes Māja Bewohner mehr auf Hippie- und Alternativmusik stehen, gingen wir alle zusammen zur Promenade im Zentrum der Stadt.

Die Promenade ist die gegenüber liegende Kanlseite vom Hafen und an ihr liegen die bekanntesten Hotels und die Partzmeile von Fontain.

Dort angekommen suchten wir nach dieser “tollen” Yacht. Fanden jedoch nichts. Grund dafür war , dass wir uns etwas größeres vorstellten, da der Besitzer Natalia sagte, sie könne so viele Freunde einladen wie sie möchte. Als wir uns dann mit dem Besitzer trafen zeigte er uns seine Nussschale, die mit seinen drei russischen Freunden beinahe so voll war, dass wir kaum Platz hatten.

Die vier Männer hatten sich das Boot in Schweden gekauft, sind mit der Fähre von Klaipēda/ Memel aus nach Schweden gefahren und sind dann mit ihrem Boot über die Ostsee nach Rīga. Natürlich haben sie uns stolz wie sie waren, Bilder von ihrer Fahrt gezeigt und uns alles in Englisch und Russisch erklärt.

Das Boot war tatsächlich so klein, dass wir, die im hinteren Teil saßen, durch eine Dachluke kletterten, um nach draußen zu gelangen.

Gegen ein Uhr machten Ilva und ich uns auf den Weg nach Hause, da wir ja früh aufstehen wollten.

Natürlich sind wir am Freitag nicht so früh wie geplant aufgestanden. Mein Weckruf für Ilva wurde später getätigt und auch ich blieb noch im Bett liegen. Um 12 Uhr wollten wir auf der Straße sein. Doch ich saß in der Küche, trank Kaffee und schrieb mit Ilva im Chat, wobei sie mir verriet, dass sie noch ein Tiger ist (meint, dass sie noch in ihrem Tigerbademantel rumsitzt, Kaffee trinkt und versucht wach zu werden). Deshalb habe ich mir auch viel Zeit gelassen bis ich zu ihr ging.

Als ich ankam, war sie schon fertig und sagte nur: “Wir haben 10 Minuten Zeit um den Bus zu erwischen, der uns aus der Stadt bringt.” Doch später fanden wir heraus, dass Ilva vergas. dass ein Feiertag war und die Busse viel unregelmäßiger fuhren, als wir erwartet hätten. Dadurch hatten wir anderthalb Stunden Zeit, die wir mit langsamen Laufen verbrachten. Mittlerweile war es drei Uhr und wir hatten das Gefühl, nie in Jelgava anzukommen.

Schließlich sind wir mit dem Bus um halb vier in Grobiņa angekommen und wir konnten anfangen, auf Autos zu warten. Und wir mussten warten. Da Feiertag war, war auf den Straßen nichs los. Und wenn dann ein Auto kam, war es voll mit Familien. Das Auto, das dann hielt, brachte uns zu einer Straßenkreuzung, die nur 10 km weiter von Grobiņa ist und die mitten im Nichts liegt. Um uns herum waren nur Felder, Wald, ein Haus mit aggressiven Hunden und eine Weide mit lesbischen Kühen. Mit Letzteren vertrieben wir uns die Zeit. Die Kühe gaben von Zeit zu Zeit Laute von sich, die Brunftrufen ähnlich waren und so kam es denn auch vor, dass sich die Kühe, die definitiv alle ein Euter hatten, versuchten zu begatten. Ich weiß nicht wie verzweifelt die Kühe waren, dass sie sich schon gegenseitig bestiegen. Wir versuchten dann auch mal Kontakt mit den lesbischen Kühen aufzunehmen. Und meist klappte das ganz gut. Wir bekam auch Antworten auf unsere Fragen.

Nach einer Ewigkeit fing es dann natürlih auch zu regnen an und die Leute, die vorbei fuhren, in die Richtung, in die wir auch wollten, und die offensichtlich auch Platz im Wagen hatten, zeigten uns gerne mal einen Vogel, da es wirklich bescheuert ausgesehen haben muss, wie zwei Leute am Straßenrand, in der Pampa, neben lesbischen Kühen, im Regen und dann auch noch am Feiertag, auf Mitfahrgelegenheiten warten.

Schließlich kam unsere Rettung. So mehr oder weniger. Der Mann nahm uns mit. Doch wir haben versehentlich seine Tür zerstört, sodass wir bei Regen mit offener Tür fuhren und mir der Regen ins Gesicht spritzte. Außerdem hatte der Mann einen großen Bedarf sich zu unterhalten und er hatte einen großen Hass auf Portugiesen. Er lebte nämlich in Großbritanien, wurde da von Portugiesen als Russe bezeichnet und hatte nach einem Kampf, der mit der Polizei endete, ein Besuchsverbot für Großbritanien für die nächsten 12 Jahre erhalten. Auf dem Weg fuhren wir an seinem Haus vorbei, wo er kurz aus dem Wagen sprang um seine Wäsche hereinzuholen, die noch auf der Wäscheleine hing, um uns danach zur Bushaltestelle Kalvene zu bringen, die sich ebenfalls im absoluten Nichts befindet.

Unsere Verzweiflung wuchs mit jeder Minute. Da die Bushalestelle keine gute Stelle ist um per Anhalter zu fahren, liefen wir ein wenig weiter und versuchten dabei jedes Auto, jeden LKW und auch Motorräder anzuhalten. Es schüttete wie aus Eimern und so mussten wir uns mit unserem kleinen Regenschirm vor jeder Welle, die von den Bussen und LKWs verursacht wurde, schützen, was meistens daneben ging. Als das Wasser durch unsere Jacken drang und wir vor Hunger nicht mal mehr Lachen konnten, was bisher möglich, war hielt ein Auto, dass uns bis in die letzte Stadt vor Jelgava brachte und auf dem Weg noch beim Supermarkt hielt, wo wir uns endlich etwas zu essen kaufen konnten. Wir waren so glücklich endlich etwas zu essen und langsam zu trocknen, dass wir uns nicht einmal an der schreklich übertrieben dramatischen russischen Rockmusik störten, die im Wagen lief.

Dobele, so heißt di letzte Stadt vor Jelgava, ist eine sehr schöne Stadt mit einer großen Burgruine des Deutschen Ritterordens. Und auch zum Weiterfahren war Dobele sehr praktisch.

Wir brauchten nicht lange bis ein Wagen anhielt und uns schließlich nach Jelgava brachte. Die Junge Frau darin war recht freundlich aber auch ziemlich eingebildet. Deshalb erwartete sie auch einfach als sie ihre Handtasche nach hinten reichte, dass ich sie entgegen nehme und auf den Rücksitz lege, was ich auch stillschweigend machte, da sie uns ja nun mal umsonst nach Jelgava fährt.

Und endlich Jelgava!!!

Ilva und ich waren beide recht müde. Ilva rief ihre Mutter an um zu sagen, dass wir da sind und erfuhr dabei, dass wir mit Hühnersuppe, gekochten Eier, Brot und Sauerrahm begrüßt werden. Ilva hatte mir gerade erst erzählt, dass ihre Mutter gerne und sehr gut Hühnchen kocht und ich hatte ihr erzählt was ich für ein gekochtes Ei alles machen würde. Nachdem wir gegessen hatten und ich Ilvas Mutter und kleine Schwester kennengelernt hatte und mich wie zu Hause fühlte, gingen wir zur Wohnung von Ilvas Vater, in der wir übernachten wollten. Wir hatten eigentlich den Plan noch auszugehen, aber da keiner von Ilvas Freunden Zeit hatte und die Pfannkuchen und der Fernseher, die in der Wohnung von Ilvas Vater auf uns warteten viel verlockender waren as bei dem trüben Wetter durch Jelgava zu laufen, entschieden wir uns ein zweites Abendessen bei lettischen, russischen und deutschen Fernsehsendern zu haben. Irgendwann beim Zirkus in Monte Carlo schliefen wir dann auch ein.

Der nächste Morgen fing so gut an, wie der Abend aufhörte. Wir hatten ein üppiges Frühstück mit Brot und Thunfischsalat, Wurst und in Rahmsoße gekochter Leber vor dem TV.