Per Anhalter im Schnee

Ich weiß ja nicht was in mich gefahren war, aber am Freitag habe ich versucht per Anhalter nach Klaipēda zu fahren.

Ich hatte ja auch einen guten Grund: Ich wollte Nantje, die derzeit ein Freiwilligenjahr in Kaunas in Litauen macht, in Klaipēda treffen,  damit wir von da aus zurück nach Liepāja fahren. 

Nun gab es aber ein großes Problem: In der Nacht hat es einfach zu schneien angefangen, ohne mich zu fragen, ob ich das will.

Es sah  ja ganz schön aus, solange man noch warm und trocken im Haus war. Aber ich hatte ja schon so eine Vorahnung, dass sich das  Puderzuckerland als Hölle für Alle herausstellt, die per Anhalter fahren wollen. Es gab aber auch keinen Weg zurück, weil Nantje  immerhin schon seit halb sieben im Zug nach Klaipēda saß.

Also: zwei Hosen, zwei Shirts und einen dicken Pullover, den selbstgestrickten Schal, der beinahe mein ganzes Gesicht verdeckt, eine Mütze, eine dicke Jacke, die Winterstiefel und schöne warme Handschuhe. Und siehe da…man sah mich nicht mehr unter all den Lagen.  Aber ich fühlte mich gut gerüstet. So machte ich mich auf den Weg das Unmögliche zu versuchen. Blöd war nur, dass der Wind mit den fiesen, scharfen, augenverletzenden Eiskristallen aus Süden kommt. Da musste ich aber hin, um aus dem Stadtgebiet zu kommen.

Als ich endlcih das Schild “Liepājas Ende” erreichte, war meine erste Hose schon mal ordentlich nass. Aber das ist ja kein Problem, solange  ein Auto anhält, das eine gute Heizung hat, sodass die Feuchtigkeit nicht zu den anderen Lagen durchsickert.cels-no-rigas-ziem2008-070nn

Wunder gibt es immer wieder.

Das zweite Auto hielt auch gleich an. Nach Klaipēda konnte er mich zwar nicht bringen, aber ich verstand zumindest, dass es in die richtige Richtung geht, was eigentlich kein Wunder ist, weil von Liepāja alles im Süden erstmal nach Litauen geht. Vom Auto mit der guten Heizung sah das lettische Puderzuckerland auch wieder sehr schön aus. Doch die Schönheit und das Wunder hielten leider nicht lange an. Ich begriff plötzlich, was der Fahrer mit dem Wort Reiņi meinte. Reiņi ist ein nicht auf Karten auffindbarer Fleck in der Lanschaft. Umringt mit Kiefernwäldern, EINEM Haus und EINER Bushaltestelle, ist Reiņi ein sehr idyllscher Landstrich. Er ist allerdings nur ein Paar Minuten von Liepāja entfernt und hilft mir somit nicht gerade bei meiner Reise weiter.

So begann das Warten erneut. Hier war die Winterwelt aber noch schöner anzsehen, da der Wind die Flocken behutsam über die Kiefernwipfel blies. Aber aus der Traum. Meine Jeans ist natürlich immer noch nass und ich fange an zu frieren. Aber schau an, nach einer gefühlten Ewigkeit hält ein Auto an, das mich nach Nīca bringen will, das immerhin 20 km von Liepāja entfernt ist. Somit fehlen mir nur noch 76 km. Der Autofahrer frug mich auch noch warum ich denn nach Litauen will. Da mein Lettisch aber nicht ausreichte entgegnete ich nur freundlich, dass ich kein Lettisch spreche. Da wollte er dann aber auch gar nicht mehr mit mir reden, da er weder Deutsch noch Englisch konnte, was auch sehr schade war.

 Und in Nīca war der Spaß nun entgültig vorbei. Dort stand ich eine Stunde in einem Bushaltestellenhäuschen und habe auf ein Auto gewartet, das mich dort wegbringt. Gesehen habe ich aber nur lebensmüde LKW-Fahrer, die drei mal so schnell wie gewöhnlich fuhren und denen die matschige Fahrbahn egal war. Die einzigen Privatwagen die vorbei fuhren, waren mekwürdigerweise alles Audis und vollbesetzt. Nach einer Stunde und 10 Minuten, entschloss ich mich dazu erstmal in den Supermarkt gegenüber zu gehen und mir einen leckeren heißen Kaffee zu holen. Ich ging rein, an den Automaten, drückte die Taste auf der melna kafija stand (schwarzer Kaffee) und bekam einen Espresso, der so ein Pfützchen war, dass er mich bestimmt nicht aufwärmen würde. Ich versuchte der Kassiererin in gebrochenem Lettisch zu erklären, was mein Problem ist. Doch sie sagte nur: Natürlich ist das nicht viel…ist ja auch nur ein Espresso. Sie war allerdings sehr freundlich und lächelte mich ununterbrochen an.

Meine Verzweiflung hatte mittlerweile unendliche Ausmaße angenommen und ich entschied mich schließlich, nach einer Stunde und 20 Minuten, den nächsten Bus zurück nach Hause zu nehmen. Auf den musste ich jedoch auch noch eine habe Stunde warten, während durch die Decke der Bushaltestelle, Wasser lief.

Ich rief Nantje an und wir entschieden, dass es wohl besser wäre ihren Bescuh auf ein anderes Mal zu verschieben, da aus Klaipēda keine Busse nach Liepāja fuhren und sie auch dementsprechend Angst hatte, am Sonntag nicht pünktlich wieder zu Hause zu sein.

Auf dem Weg von der Bushaltestelle zur Wohnung habe ich auch noch das Wasser einer ganzen Pfütze von einem Auto über die Kleidung gespritzt bekommen, was mir inzwischen mehr oder minder egal war, da meine Kledung eh schon komplett nass war. Den Rest des Tages verbrachte ich dann mit Tee, gekochten Kartoffeln als Mittagessen und einem Film im Bett.