Ziemassvētki Dimzēnos – wo an Weihnachten Wunder geschehen

Das Weinachtsfest habn Swenja, Paricia und ich in Dimzēni verbracht. Dimzēni ist der Name des Hofes der Mutter unserer Koordinatorin Agata. In Lettland haben die Häuser an Stelle einer Hausnummer einen Namen. Und so hat der Hof von Iveta und Edgars, der sich in der Nähe von Jelgava befindet, den Namen Dimzēni.

An Heiligabend machten wir uns mit dem VW-Bus auf den Weg. Swenja, Patricia, Agata und Stas mit Davis und Oskars. Die Fahrt durch die ein wenig kalte aber sehr schöne Winterlandshaft, war sehr angenehm. Als wir von den geteerten Landstraßen auf die Schotterstraßen kamen, sagte uns Agata, dass es nicht mehr weit sei. Und da Jelgava in der Nähe von Rīga liegt und Rīga drei Stunden und 40 Minuten von Liepāja entfernt liegt, waren wir alle froh anzukommen.

Doch plötzlich wurde unsere Idylle, die im Auto herrschte, von Agatas Aufschrei unterbrochen und da flogen wir schon die Böschung hinunter auf das gerfrorene Rübenfeld. Grund war klar: die Straße war völlig vereist. Nach dem ersten Schock und der darauf folgenden Frage, ob es allen gut ginge, was auch so war, konten wir uns glücklich schätzen, dass wir den Unfall so nah am Ziel hatten und alle heil geblieben sind. So war es kein Problem Edgars anzurufen, der mit seinem Nachbarn, einem VW-Bus und einem Trecker kam. Stas wechselte den Reifen, der geplatzt war und nach einer guten halben Stunde haben wir dann den Rest unseres Weges zurück gelegt und kamen, noch etwas verwirrt von den Geschehnissen, im Paradies an. In diesem Paradies sind wir schon einmal gewesen. Doch leider nur sehr kurz. Das Paradies ist ein alter Bauernhof mit einem großen Stall voller weißer Ziegen und zwei Pferden, einem Heuschober, einem Brunnen, einen hofeigenen Bach und einer alten Sauna. Das Hofgebäude selber ist wie aus der Fantasie Astrid Lindgrens entsprungen bzw. glaube ich, dass meine Groß- und Urgroßeltern so groß geworden sein müssen. In dem Gebäude gibt es keinen Flur. Ein Raum ist mit dem nächsten Raum verbunden, was hier in Lettland in vielen Häusern zu finden ist und einem das Gefühl gibt, dass man nie wissen kann, wer von wo gleich in den Raum kommt. Das Haus hat zwei Eingänge an der Frontseite und einen quasi Ausgang an der Hinterseite. Der eine Eingng und der Ausgang führen durch eine Art Wintergarten/ Veranda nach draußen. Die Toiletten sind überwiegend Plumpsklos und die Raumtemperatur hält sich zwischen 12 und 18 Grad. Und dies ist der Ort and dem Leib und Seele gesunden. Wenn man den Hof betritt, atmet man auf. Und dieses Atmen ist ein anderes Atmen als mit der Lunge. Hier nimmt man die Natur in sich auf. Und selbst alleine würde man sich dort geborgen fühlen, da man weiß, dass die Natur um einen ist. Und die Natur hat Kraft auf dem lettisch Lande.

Nachdem wir also ankamen und erst dachten wir müssten erfrieren, weil sich unsere verwöhnten Wesdeutschen-Großstadthintern noch nicht an ein normales Hausklima auf dem Land gewöhnt hatten, wurden wir in die Weihnachtsplanung eingeweiht, die ganz ungezwungen war. Kein verkrampftes Weihnachtsfest mit hastigem Wiehnachtsessen herstellen, zur völlig überfüllten Kirche voller scheinheiliger Ein-Mal-im-Jahr-Kirchgängern eilen, um dann endlich aufs Sofa zu kommen, wie man es von vielen Familien in Deutschland kennt. Ich bin von zu Hause aus schon mit einem schönen gemütlichen Weihnachtsfest aufgewachsen. Und so war dieses auch. Bloß eben auf lettische Weise und dem entsprechend anders.

Der Weihnachtsplan lautete wie folgt:

  1. Sauna für die Herren
  2. Sauna für die Damen
  3. Essen vorbereiten
  4. zur Kirche nach Jelgava fahren
  5. Essen

Nun stand die Sauna an und wir Westeuropäer haben uns fürchterlich viele Gedanken gemacht wie das abläuft und über die Nacktheit.

Das Ding war nur, da ich ja zu den Herren gehöre, war ich der Erste von uns Neulingen, der in die Sauna ging. Ich war eigentlich furchtbar aufgeregt als ich mit Edgars über den klenen Bach in die kleine Hütte, abseits des Hofes, ging.

In der Hütte war es recht warm und in dem Umkleideraum war Licht. In der Mitte stand ein großes Fass auf dem noch vom letzten Saunagang ein paar Bierflaschen standen. Die Sauna selber war Schneckenförmig aufgebaut. Es gab einen Vorraum, dann kam der Umleideraum, einen Zwischenraum und schließlich war man wieder auf der Seite, die zum Bach und zum Hof zeigte und den eigentlichen Saunaraum darstellte. Stas sagte mir noch, bevor ich zur Sauna ging, sie sei magisch und etwas ganz besonderes, da der Rauch nach innen geleitet wird. Und die Magie dieser Hütte spürte man von Beginn an.

Die Nacktheit war für mich kein Problem mehr und Edgars erklärte mir alle Schritte eines lettischen Saunaganges. Im Saunaraum gab es kein Licht sondern nur Kerzen. Auf der einen Seite stand das Wasser und der Ofen und auf der anderen eine Bank und darüber noch eine. Alles war aus altem dunken Holz gefertigt. Nachdem Stas und die beiden Jungs dazu kamen, wuschen wir uns und danach setzten wir uns auf die obere Bank. Edgars fragte mich, ob ich schon einmal in Spanien gewesen sei. Oder ob ich mir vorstellen könnte das Klima zu mögen, was ich verneinte. Daraufhin bot er mir Sommer in Südfrankreih an, was ich annahm. Somit saß ich auf der oberen Bank in der Mitte. Jeder bekam ein Bund Eichen-und Salbeilaub, mit dem man sich selbst abreiben und “schlagen” konnte und bei den Aufgüssen, die eine extreme Hitzewelle mit sich brachten, das Gesicht schützen konnte. Die Stellen, an denen man Krankheiten oder Schmerzen hat sollte man auch mit dem Laub  abdecken oder abreiben. Und mir wurde aufgrund meiner Atemprobleme geraten, einfach das Laub zu inhalieren. Zwischendurch sind wir immer nach draußen gegangen um uns abzukühlen, was einem gar nichts ausmacht und dieses Gefühl bei 0 Grad nackt und dampfend draußen zu stehen und die Kälte nicht zu fühlen, ist unbeschreiblich. Stas ist sogar in dem Bach baden gegangen. Nach dem wir Wasser tranken gingen wir wieder in die Sauna und Stas hat mich mit den Zweigen abeklopft und abgerieben. Und trotzdem die “Schläge” recht hart sind spürt man sie nur wie eine leichte Massage. Nach drei Durchläufen wuschen wir uns dann noch einmal und schließlich trockneten wir uns ab und die Frauen waren dran. Als Swenja und Patricia micht fragten wie es war, müssen die gedacht haben ich sei auf Droge, da ich nur davon erzählt habe wie magisch das doch alles sei und dass ich mich noch nie so sauber gefühlt habe. Und das ist kein Scherz. Sauberer als nach einer Sauna kann man nicht sein. Man kann noch so viel baden und sich aufbrezeln. Allein bei der Betrachtung der Fingernägel sah man, dass die Sauna Wunder wirkt. Man hatte das Gefühl man würde vor Reinheit strahlen und die Glückshormone hatten Hochkonjunktur.

Nach unseren Saunagängen bereiteten wir das Essen zu, das rein vegetarisch war, da die Familie von Agata Vegetarier sind. Außerdem wurde Hanfsamenbutter gemacht, die sehr komisch aussieht aber super gut schmeckt.

Anschließend fuhren wir zur katholischen Mitternachtsmesse nach Jelgava. Da ich lange nicht mehr in einer katholischen Kirche war, habe ich diesen Kirchgang sehr genossen. Er war sehr schön gestaltet und auch der Kirchraum hatte eine sehr schöne Atmosphäre. Bis auf die elektrische Lichterkette die um alle Bilder installiert wurde und die Marien- und Jesusdarstellungen wie Werbeschilder aus Las Vegas wirken ließ. Nach der Messe gab es für jeden einen Schokobonbon am Ausgang.

Auf der Fahrt zurück sangen wir lettische Volkslieder und alle waren fröhlich, lachten und sangen.

Auf dem Hof angekommen, deckten wir den Tisch und wir begannen das Weihnachtsessen mit einem Lied, um dem Herrn zu danken und danach bekam jeder eine große Oblate, die er mit allen teilte und wenn jemand ein Stück von deiner Oblate abbrach gabst du ihm einen Segen mit auf den Weg.

Unsere Heiligabendfeier beendeten wir um halb drei oder vieleicht auch um drei Uhr nachts.

Am nächsten Morgen gab es dann die Bescherung für alle. Die Geschenke lagen unter dem Tannenbaum, an dem am Vorabend Wunderkerzen gehangen wurden und dessen Tannenbaumspitze ein kleiner Tequilasombrero war, den Agata wahrscheinlich von ihrem Frewilligenjahr aus Mexiko mitgebracht hat. Patricia, Swenja und ich haben für jeden einen Mister Potatoe gemacht. (Perlonstrumpfspitze mit Erde und Samen füllen, Nase und Ohren formen und mit einem Faden umwickeln und ein lustiges Gesicht basteln). Ich bekam eine neue Umhänge-/ Laptoptasche, Räucherstäbchen, Süßigkeiten und einen Elefantenschlüsselanhänger aus dem Indiashop. Nach dem Frühstück gingen wir in den Wald spazieren. Ein Wald wie er natürlicher, wilder und schöner nicht sein könnte. In dem Wald gab es Hügel mit Schluchten, von denen man den Flusslauf sah. Über den Fluss lagen Baumstämme und alles sah so magisch wie im Märchen aus und nicht so aufgeräumt und einmal feucht durgewischt wie die deutschen Wälder. In Lettlands Wäldern sind noch Geschichten von Zwergen, Elfen, Geistern, Prinzen, Ungeheuern und sprechenden Tieren zu hause. Von diesem Wald wurde auch ein berühmter lettischer Schriftsteller inspiriert, dessen Buchgestalten aus Holz im Wald nachgebaut wurden, weshalb auch Herrscharen von Schulklassen diesen Wald besuchen. Und trotzdem dieser Wald ein Besuchermagnet ist, muss jeder über Baumstämme klettern oder auf dem halben Meter breiten Pfad an dem Abhang entlang gehen oder sich einen neuen Weg suchen. In diesen Wäldern wurde noch kein roter Teppich für Touristen ausgelegt. Der Tepich ist braun, die Gesellschaft sind Bäume und Tiere und das Blitzlichgewitter sind die Tautropfen an einem Kiefernzweig, die das Licht brechen. Auf der Hälfte unseres Spazierganges ,spielten wir an einer Feuerstelle ein Spiel mit den umherliegenden Stöcken. Jeder musste versuchen den Stock mit seinem Fuß am weitesten zu schleudern und in der zweiten Runde den Stock werfen, dass er die Flasche trifft. Nach dem Wald fuhren wir zu Nachbarn von Edgars und Iveta. Dort aßen wir gemeinsam und wir drei Freiwilligen unterhielten uns mit dem “Opa” der Familie (oder veruschten es zumindest). Der Mann konnte jedoch recht gut Deutsch, dass er als Kind in der Schule lernte und was damit schon lange her ist. Und er hatte die längsten Augenbrauen, die ich jeh sah.LaughingAbends, als wir zurück in Dimzēni waren, haben wir gemeinsam musiziert und Edgars hat lettische Volkslieder gesungen und wir waren im Stall, wo er uns sein Konzept von seinem vegetarischen Hof erklärte, was später zu einer Diskussion über Ethik und Werte der Gesllschaft wurde, in der wir uns alle einig waren.

Am 2. Weihnachtstag sind wir wieder einmal zu spät aufgestanden um die Ziegen zu melken. Deshab blieben wir auch gleich in Schlafsachen und nach dem Frühstück mit unserer Hanfbutter und dem Ziegenkäse, zeigte uns Edgars das obere Stockwerk des Hauses und erzählte uns die Geschichte des Hauses. Oben hat der Hof einen Raum in dem nur Tee aus Pflanzen, die auf dem Hof wachsen, getrocknet wird. In dem Raum ist die Luft so mit ätherischen Düften erfüllt, dass sie meine sonst immer verstopfte Nase  in einer Sekunde frei machte. Außerdem kann man in dem Raum auch schlafen, da dort ein großes Ehebett steht, in dem ich das nächste Mal mit Sicherheit schlafen werde.  Und Edgars und Iveta heißen alle Gäste willkomen, sofern sie auf dem Hof mithelfen, etwas aus der Stadt mitbringen, was sie nicht herstellen können (Kaffee,…) oder eine kleine Spende geben. Denn Dimzēni ist ein Selbstversorgerhof. Und die einyige Geldquelle sind EU-Fördermittel. In dem Zimmer gegenüber  des Teezimmers, wohnte einst die Freiwillige aus Holland, die in Dimzēni lebte.

Und dann kam noch das Reiten. Ich war lange nicht mehr reiten, weil das auch nicht zu meinen Hobbies gehört, da ich dieses Reitschulleben albern finde. Aber hier saßen wir ohne Sattel mit Edgars auf seinem Pferd und drehten ein paar Runden. Danach ist Stast noch ein weinig mit dem Pferd über die Pfelder und der Hund des Hauses blieb immer an unserer Seite. Der andere hingegen muss leider an der Kette bleiben, weil er zu wild ist und gerne einfach mal für ein paar Tage oder eine Woche abhaut .

Nun kam es leider zum Abschied und nach dem Essen (es gab aus dem Garten gesammelte Schnecken, die das einzige nicht vegetarische Essen sind, da man weiß wo sie herkommenWink) mussten wir Tschüss sagen, was uns sehr schwer fiel. Ich wurde dann in Dobele abgesetzt, wo ich den nächsten Bus nach Rīga nahm um am nächsten Morgen nach Deutschland zu fliegen, was bis dahin noch keiner außer meine Ana wusste.

Dieses Weihnachstfest wird mir wohl mein Leben lang in Erinnerung bleiben.